Verstetigung von Projekten: Das sind die Erfolgsfaktoren

Verstetigung ist die Weiterführung von erfolgreichen Projektaktivitäten nach der Anschubfinanzierung. Die Projekte von «Periurban» waren klassische Pilotprojekte. Sie wurden durch die eidgenössische Kommission für Migrationsfragen EKM, die Kantone und die Gemeinden finanziert. Das ermöglichte eine rasche Umsetzung – ohne langwierige Finanzierungssuche und Überzeugungsarbeit.

Ein wichtiges Ziel der EKM war, dass erfolgreiche «Periurban»-Aktivitäten weitergeführt werden. Das setzt die Finanzierung durch Gemeinden und Kantone voraus. Diese Verstetigung gelingt nur, wenn die Gemeinden der Region die Aktivitäten nach Projektende übernehmen, sie in Regelstrukturen überführen und die Finanzierung in die Gemeindebudgets aufgenommen wird. Der politische Wille für die Belange des guten Zusammenlebens und der Integration ist also von zentraler Bedeutung.

Diese Erfolgsfaktoren tragen zur Verstetigung von Projekten bei:

Inhaltliche Ausrichtung am guten Zusammenleben

Das Verständnis von «Integration» hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Es geht nicht mehr nur darum, dass Migrantinnen und Migranten in die schweizerische Gesellschaft eingeführt werden und die hiesigen Normen übernehmen. Vielmehr geht es um einen Prozess, der ein gemeinsames, interkulturelles Miteinander befördert. So rückte das «gute Zusammenleben» immer mehr in den Mittelpunkt von «Periurban». Die Ausrichtung der Aktivitäten und Projekte an diesem Leitziel hat sich überaus bewährt. Es entstanden viele Initiativen mit dem Ziel, das Zusammenleben aller Einwohnerinnen und Einwohner zu verbessern – ungeachtet ihrer Herkunft. «Gutes Zusammenleben» lässt sich in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen realisieren. Wichtig ist, dass sich die Aktivitäten und Projekte am Bedarf der Gemeinden und Regionen orientieren.

Kompetente Projektleitung

Entscheidend für den Projekterfolg sind die fachlichen Kompetenzen und sozialen Fähigkeiten der Projektleitung. Idealerweise übernimmt diese Aufgabe eine Persönlichkeit, die in der Region bekannt und gut vernetzt ist. Die Projektleitung sollte die politischen und sozialen Verhältnisse in der Region kennen – oder sich darüber rasch einen Überblick verschaffen können. Eine sorgfältige Auswahl der Projektleitung lohnt sich!  

In den regionalen Projekten wirken immer auch Freiwillige und auch weitere Mitarbeitende mit. Deshalb muss die Projektleitung die Grundsätze dieser Zusammenarbeit beachten, das heisst: Für eine klare Aufgaben- und Rollenteilung sorgen. Zudem brauchen Freiwillige bei der Ausgestaltung ihrer Aufgaben genügend Freiraum.

Die Projektleitung sollte über ausreichend Zeitressourcen verfügen. Die Erfahrungen der «Periurban»-Projekte zeigten: Es braucht für ein erfolgreiches Projekt 70 bis 100 Stellenprozente.

Aktive Vernetzung und strategische Steuerung

Projekte sind dann erfolgreich, wenn sie von den politischen Verantwortlichen wahrgenommen und akzeptiert werden. Dazu braucht es eine aktive Vernetzung. Die Initiative sowie die Einladung zur Mitarbeit und Mitbestimmung müssen von der Projektleitung ausgehen. Ein Start mit rasch umsetzbaren Massnahmen und sichtbaren Wirkungen macht das Projekt bei Bevölkerung und Behörden bekannt und nimmt diese mit auf den Weg.

Es schafft Synergien, wenn man mit regionalen und kantonalen Organisationen zusammenarbeitet, die ähnliche Ziele verfolgen. Vor allem dann, wenn für diese Projektziele ein gesetzlicher Auftrag besteht, dessen Umsetzung in den Händen der kantonalen Verwaltung liegt. Die kantonalen Integrationsprogramme KIP sind ein gutes Beispiel dafür.

Bewährt hat sich die Einbindung von Politik und Behörden in Begleit- und Steuergruppen. Für die Steuergruppe werden gezielt lokale, regionale oder kantonale Akteure gewonnen. Damit stellt man die politische Vernetzung und Einflussnahme sicher. In einer Begleitgruppe können Delegierte von wichtigen Gremien und Behörden mitarbeiten (Gemeinderäte, Kirchgemeinde, Schule, Vereine usw.), aber auch Vertreter der Zielgruppen (z.B. Migrantinnen und Migranten).

Für Akzeptanz und Vertrauen braucht es den regelmässigen persönlichen Kontakt: mit Personen der Gemeindebehörden und weiteren einflussreichen Funktionsträgern (Kirchen, Schulen, Politik usw.). Projektleitung, Steuergruppe und Trägerschaft sollten diese Kontakte systematisch pflegen und jährlich zu Informations- und Austauschgesprächen einladen.

Gemeindeverwaltungen und Schulen sollten in die Planung und Umsetzung von Aktivitäten und Teilprojekten miteinbezogen werden. Im Idealfall lassen sich so zusätzliche Ressourcen gewinnen. Es ist nicht zu unterschätzen, wie sehr eine solche Zusammenarbeit die Identifikation mit dem Projekt stärkt.

Verstetigung beginnt beim Projektstart

Die Verstetigung erfolgreicher Projekte ist gefährdet, wenn die Finanzierungsfrage zu spät angegangen wird. Die Unterstützung durch die Gemeinden und Kantone braucht in der Regel Zeit. Neben dem Aufwand für Überzeugungsarbeit sind auch Budgetfristen zu beachten. Finanzierungsgesuche müssen meist bereits im Vorjahr gemacht werden. Deshalb sollte man bereits beim Projektstart die Verstetigung in den Planungsprozess integrieren. Schon die Zusammensetzung einer Steuer- oder Begleitgruppe kann über die Weiterfinanzierung entscheiden.

Verstetigung ist eine wichtige Managementaufgabe. Während der gesamten Projektdauer sollten verantwortliche Gremien und Behörden regelmässig informiert und Gespräche über die Verstetigung geführt werden.

Es lohnt sich, lokale und regionale Organisationen (Kirchen, Vereine, etc.) für die Zusammenarbeit zu gewinnen. Diese Organisationen sind oft daran interessiert, bestimmte Programmteile zu übernehmen und sich so an der Verstetigung zu beteiligen.

Erfolgversprechende Teilprojekte für eine Verstetigung sollten in der Mitte der Pilotphase ausgewählt werden. Weniger erfolgreiche kann man auslaufen lassen.

Kommunikation bewusst gestalten

«Tue Gutes und sprich darüber», ist das Motto der Öffentlichkeitsarbeit. Die Chance auf Verstetigung besteht nur dann, wenn das regionale Projekt und seine Aktivitäten bekannt sind. Erste Partner der Kommunikation sind die lokalen Medien, insbesondere Zeitungen und (Regional)Radios. Auch eine ansprechende Webseite wird immer wichtiger.

Ergänzend können Akteure aus Politik und Verwaltung zu Anlässen eingeladen oder mit Informationen aus erster Hand versorgt werden. Newsletter sind ein geeignetes Kommunikationsmittel.

Die Öffentlichkeitsarbeit sollte sorgfältig geplant werden. Dabei hilft ein einfaches PR-Konzept. Am besten wird die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit einer Fachperson oder einer Arbeitsgruppe übertragen.

Anspruchsgruppen beteiligen

Es lohnt sich, die Anspruchsgruppen (Jugend, Mütter mit Migrationshintergrund, etc.) an der Planung und Umsetzung zu beteiligen. Partizipative Projekte sind erfolgreicher und nachhaltiger als Projekte für jemanden. Beteiligungsmöglichkeiten sorgen für die Verankerung bei den Zielgruppen und sie schaffen Identifikation.

Viele «Periurban»-Projekte machten gute Erfahrungen damit, die betroffenen Gemeinden bei der Planung zu beteiligen, vor allem im Hinblick auf die Verstetigung. Mit der Partizipation entstehen Strukturen und Angebote, die von den zukünftigen Finanzgebern mitgetragen werden. Das erhöht die Realisierungschancen.

Projektorganisation und Strukturen

Es braucht Strukturen, um die Anliegen der Integration und des guten Zusammenlebens langfristig zu sichern. Angebote ohne Strukturen sind häufig von einzelnen Personen oder einer günstigen Situation abhängig. Sie können deshalb rasch wieder in sich zusammenfallen. Strukturierte und koordinierte Angebote hingegen sind beständiger. Das berücksichtigten viele «Periurban»-Projekte und schufen deshalb in einzelnen Regionen neue Strukturen: Integrationskommissionen, Ausländerbeiräte, Koordinations- und Fachstellen zur Förderung der Integration und des guten Zusammenlebens oder Fachstellen zur Koordination der Freiwilligenarbeit.

Zentral ist die organisatorische Verortung eines Projektes (Trägerschaft). Bewährt haben sich etwa Gemeindeverbände, die den beteiligten Gemeinden eine Mitbestimmung ermöglichen. Denkbar ist auch, dass unter der strategischen Steuerung der Gemeinden eine soziale Institution mit der Realisierung des Angebotes beauftragt wird.

Einzelne «Periurban»-Regionen konnten die Regionalplanung als Trägerschaft gewinnen. Der Vorteil: Die Regionalplanung ist im gleichen Perimeter tätig und hat eine bereits etablierte Struktur. Der Nachteil: Gesellschaftsfragen sind häufig nicht explizit im Auftrag enthalten.

Als wenig zielführend hat sich die Anbindung eines regionalen Projektes an eine der beteiligten Gemeinden erwiesen (Sitzgemeindemodell), der dann auch die Anstellung der Projektmitarbeitenden obliegt. Das kann zu Konflikten führen, zumal in einem solchen Fall nicht die Steuergruppe des Projektes für die Personalfragen verantwortlich ist, sondern die Gemeinde.

Welches Modell auch umgesetzt wird: Es muss sichergestellt werden, dass das Steuerorgan des Projektes unabhängig bleibt und über die notwendigen Entscheidungsbefugnisse verfügt.

Geduld haben

Entwicklungsprozesse brauchen Zeit. Die Wirkungen von Projekten und Angeboten entfalten sich nicht von heute auf morgen. Für die Schaffung, Erprobung und Verstetigung von Angeboten und Strukturen braucht es Geduld und Beharrlichkeit. Dieses beharrliche Engagement zahlt sich für die Region und die Gemeinde aber aus!

Letzte Änderung 21.03.2022

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