StGB-Revision schützt Gesellschaft besser vor gefährlichen Straftätern als Initiative - Bundesrat lehnt Volksinitiative

Bern, 04.04.2001 - Die Volksinitiative "Lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewaltstraftäter" ist Ausdruck einer berechtigten Besorgnis. Doch ihre Vorschläge gehen kaum über die heutigen Regelungen des Strafgesetzbuches hinaus. Zudem rennt die Initiative offene Türen ein: Die laufende Revision des Strafgesetzbuches bringt eine Reihe von Neuerungen, welche die Gesellschaft besser vor gefährlichen Straftätern schützen. Der Bundesrat beantragt deshalb dem Parlament, die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung zu empfehlen.

Die Volksinitiative wurde am 3. Mai 2000 mit 194 390 gültigen Unterschriften in Form eines ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht. Sie will für eine Gruppe von Tätern eine Verwahrung mit restriktiven Entlassungsbedingungen einführen. Eine Entlassung soll nur geprüft werden, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass der Täter geheilt werden kann und künftig für die Allgemeinheit keine Gefahr mehr darstellt. Die Initiative sieht ferner vor, dass Gutachten zur Beurteilung von Sexual- und Gewaltstraftätern immer von zwei voneinander unabhängigen Experten erstellt werden müssen und die Behörden für Rückfälle entlassener Täter verantwortlich gemacht werden können.

Lebenslange Verwahrung ist bereits heute möglich

Die lebenslange Verwahrung ist bereits heute im Strafgesetzbuch vorgesehen und grundsätzlich für alle Verbrechen und Vergehen möglich. Die Initiative beschränkt hingegen die Verwahrung auf eine kleine Gruppe von Straftätern. Sie zielt in erster Linie auf die psychisch gestörten Delinquenten und erfasst damit einen wesentlichenTeil der gefährlichen Delinquenten nicht. Die Initiative äussert sich nicht, wie die lebenslange Verwahrung vollzogen werden soll. Sie schliesst lediglich den Hafturlaub und eine frühzeitige Entlassung kategorisch aus. Es ist zwar richtig, extrem gefährlichen Delinquenten keinen Urlaub zu gewähren. Für jene Täter, bei denen keine Rückfall- oder Fluchtgefahr besteht (z. B. gegen Ende der Verwahrung), wäre diese Massnahme jedoch fragwürdig und unverhältnismässig. Solange der Täter gefährlich ist, soll er auch nicht frühzeitig in die Freiheit entlassen werden. Es wäre jedoch kontraproduktiv, auch die bedingte Entlassung und die nachträglichen Betreuungs- und Überwachungsmassnahmen auszuschliessen.

Unzweckmässige Sicherheitsvorkehren

Um die Entlassung gefährlicher Straftäter zu verhindern, will die Initiative neue Sicherheitsschranken schaffen: Nur wenn durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erwiesen wird, dass der Täter geheilt werden kann, soll der Täter überhaupt begutachtet werden. Alle Gutachten müssen zudem von mindestens zwei voneinander unabhängigen Fachleuten erstellt werden. Diese Sicherheitsschranken sind kompliziert, unzweckmässig und im Ergebnis nicht strenger als jene, die heute in der Praxis beachtet werden. Insbesondere ermöglichen die in allen Kantonen eingesetzten Fachkommissionen eine fundierte und breit abgestützte Beurteilung gefährlicher Straftäter. Die Initiative ist zudem widersprüchlich, da sie jede vorzeitige Entlassung ausschliesst, gleichzeitig aber vorsieht, dass extrem gefährliche Täter zur Behandlung aus der Verwahrung entlassen werden können. Schliesslich gewährleisten namentlich das Strafgesetzbuch und die Verantwortlichkeitsgesetze von Bund und Kantonen, dass fehlbare Behörden zur Verantwortung gezogen werden können.

Gesamtkonzept des Bundesrates geht weiter

Am 21. September 1998 hat der Bundesrat dem Parlament einen Entwurf zur Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches vorgelegt. Ein zentrales Anliegen dieser Revision ist der Schutz der Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern. Zu diesem Zweck schlägt der Bundesrat eine neue Form der lebenslangen Sicherungsverwahrung für alle Täter vor, die schwere Straftaten begangen haben und bei denen eine Rückfallgefahr besteht. Diese Verwahrung ist in ein Gesamtkonzept von neuen Schutzmassnahmen eingebettet: Vorgesehen sind unter anderem gesicherte Einrichtungen für die Behandlung psychisch gestörter gefährlicher Straftäter, strengere Entlassungsvoraussetzungen und eine breitere Abstützung der Prognosen bei allen Tätern, die schwere Straftaten begangen haben. Damit geht das - vom Ständerat bereits verabschiedete - Gesamtkonzept des Bundesrates weiter als die punktuellen Forderungen der Initiative.


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Letzte Änderung 30.01.2024

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