Lohngleichheit: Unternehmen sollen regelmässig Lohnanalysen durchführen
Bern, 18.11.2015 - Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit 50 oder mehr Mitarbeitenden sollen gesetzlich dazu verpflichtet werden, in ihrem Unternehmen alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchzuführen. Die innerhalb des Betriebs vorgenommene Lohnanalyse sollen sie durch externe Kontrollstellen überprüfen lassen, anschliessend müssen sie die Mitarbeitenden über das Ergebnis dieser Kontrolle informieren. Der Bundesrat hat dazu am Mittwoch die Vernehmlassung zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes (GlG) eröffnet.
Über dreissig Jahre nach der Verankerung in der Bundesverfassung ist die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern immer noch nicht erreicht. Der unerklärte Teil des Lohnunterschieds in der Privatwirtschaft lag gemäss Bundesamt für Statistik im Jahr 2012 bei 8,7 Prozent, was 678 Franken pro Monat entspricht. Freiwillige Massnahmen im Projekt "Lohngleichheitsdialog" haben nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Deshalb ist der Bundesrat im Oktober 2014 zum Schluss gelangt, dass es zur Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf gleichen Lohn zusätzliche staatliche Massnahmen braucht. Die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau innerhalb von Unternehmen soll aber verwirklicht werden, ohne dass der Staat selber Lohnkontrollen durchführt.
Alle vier Jahre die Löhne analysieren
Der heute in die Vernehmlassung geschickte Entwurf zur Änderung des GlG sieht vor, dass die Unternehmen selber alle vier Jahre und mit einer anerkannten Methode eine Lohnanalyse durchführen. Anschliessend sollen sie die Durchführung der internen Lohnanalyse durch Dritte kontrollieren lassen. Diese Kontrolle können sie wahlweise einem Revisionsunternehmen, einer staatlich anerkannten Selbstregulierungsorganisation oder den Sozialpartnern übertragen. Geprüft werden soll bei dieser externen Kontrolle nicht das Ergebnis selber, sondern nur, ob die Lohnanalyse korrekt durchgeführt wurde.
Berichterstattung und Information über die Durchführung der Lohnanalyse
Gemäss Entwurf sollen die Kontrollstellen verpflichtet werden, einen Bericht über die Durchführung der Lohnanalyse zuhanden der Führung des kontrollierten Unternehmens zu erstellen. Spätestens ein Jahr nach Erhalt dieses Kontrollberichts müssen die Unternehmen ihre Mitarbeitenden darüber informiert haben, ob die Lohnanalyse korrekt durchgeführt worden ist. Börsenkotierte Gesellschaften sollen zusätzlich auch im Anhang der Bilanz informieren. Damit wird sichergestellt, dass auch die Aktionäre über die Anstrengungen ihres Unternehmens zur Herstellung der Lohngleichheit orientiert sind.
Meldung und Eintrag säumiger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als Variante
Der Entwurf verpflichtet die Kontrollstellen, über die korrekte Durchführung der Lohnanalyse Bericht zu erstatten, sieht sonst aber keine weiteren Konsequenzen vor. Der Bundesrat wollte aber gemäss seinem Beschluss vom Oktober 2014 auch eine Meldepflicht prüfen. Er schickt deshalb als Variante den Vorschlag in die Vernehmlassung, dass die Kontrollstelle der zuständigen Behörde – voraussichtlich das Büro für Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) – eine Meldung erstatten muss, wenn ein Unternehmen innert Frist keine Lohnanalyse durchgeführt hat oder deren Durchführung nicht kontrollieren liess. Die zuständige Behörde soll die gemeldeten säumigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber analog der Regelung im Entsende- oder Schwarzarbeitsgesetz in eine öffentlich zugängliche Liste eintragen.
Regulierungsfolgenabschätzung: Aufwand gering, Kosten-Nutzen-Bilanz positiv
Mit dem Vorschlag des Bundesrates lässt sich der Auftrag der Verfassung zur Verwirklichung der Lohngleichheit ohne bürokratische Hürden umsetzen. Zu diesem Schluss kommt eine Regulierungsfolgenabschätzung (RFA), die das Büro INFRAS erstellt hat. Gemäss Schlussbericht finden zwei Drittel der befragten Unternehmen staatliche Massnahmen zur Durchsetzung der Lohngleichheit sinnvoll. Das liegt auch daran, dass sich der Aufwand für die Lohnanalyse in Grenzen hält: Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit "Logib" durchgeführt haben, einem Instrument zur Messung der Lohngleichheit, schätzen den Aufwand auf zwei Arbeitstage für mittlere Unternehmen, auf drei Tage für grosse Unternehmen und auf acht Tage für sehr grosse Unternehmen. Bei einer wiederholten Durchführung halbiert sich der Aufwand. Gestützt auf diese Aussagen beurteilt INFRAS den Umsetzungsaufwand für die Unternehmen als verhältnismässig.
Zudem zeigt die RFA: Von den befragten Unternehmen, welche bereits eine Lohngleichheitsanalyse durchgeführt haben, hat die Hälfte in der Folge Korrekturmassnahmen vorgenommen; in der Regel wurden die Löhne der Frauen angepasst. Insgesamt kommt das Büro INFRAS zum Schluss, es resultiere eine positive Kosten-Nutzen-Bilanz. Ein staatlicher Eingriff sei notwendig: Es gebe einen klaren Verfassungsauftrag, und man habe es mit einem Marktversagen zu tun. Mit freiwilligen Massnahmen seien bisher nur geringe Fortschritte erzielt worden.
Das Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Gleichstellungsgesetzes dauert bis am 3. März 2016.
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Letzte Änderung 26.06.2024